… aus einem Lager

CHRISTIANE MÖBUS und TIMM ULRICHS

26.08.2011 – 02.04.2012

Zur Ausstellung ist ein Booklet mit Texten von Dr. Heike Baare und Prof. Gert Kreytenberg sowie Fotografien von Werner J. Hannappel erschienen.

Ausstellungsansicht Museum DKM
Foto: Werner J. Hannappel

… aus einem Lager

Seit vielen Jahren schon teilen sich Christiane Möbus und Timm Ulrichs in Hannover, ihrer Wahlheimat, ein rund 600 m² großes Lager, in welchem sie gemeinsam ihre Kunstwerke verwahren. Über die zweckdienliche Raumteilung hinaus verbindet diese beiden Ausnahmekünstler auch eine enge Freundschaft. Für sich genommen wäre dieser Umstand freilich noch kein Anlass für eine Gemeinschaftsausstellung. Tatsächlich gibt es zwischen den Arbeiten von Christiane Möbus und Timm Ulrichs vielerlei Wechselbezüge, Parallelen, aber auch Divergenzen, die das Neben- und Miteinander ihrer Werke zu einem spannungsreichen Ensemble voll Poesie, Witz und Ironie werden lassen.

Betritt man das gemeinsame Lager von Christiane Möbus und Timm Ulrichs in einer ehemaligen, heute denkmalgeschützten Bohnerwachsfabrik, so befindet man sich mitten in den Dingen: zwischen Möbelstücken, Modellen, Booten, die unter der Decke hängen, und präparierten Tieren. Beide Künstler arbeiten mit Objekten und schaffen installative Arrangements. Während der darin enthaltene (Sprach-)Witz bei Timm Ulrichs häufig sofort enttarnt werden kann und ein Weiterdenken auf Seiten des Betrachters in Gang setzt, geben sich die Dinge bei Christiane Möbus geheimnisvoll und auratisch. Dem Direkten, Prosaischen steht das Fremdartige, Evokative gegenüber.

Ein Tisch ist jedoch bei Timm Ulrichs ebenso wenig nur ein Tisch wie bei Christiane Möbus. Beide wählen die Gegenstände sehr präzise aus und inszenieren sie mit höchster Genauigkeit, sodass diese eine Kraft entfalten, die über das Materielle hinausweist und uns auf jeweils unterschiedliche Weise an die Grenzen des sprachlich Fassbaren führt. Dennoch gibt es hier auch deutliche Unterschiede. Für Christiane Möbus sind die Gegenstände, Kleider oder Möbelstücke, die sie in ihren Arbeiten verwendet, Seelenverwandte. Anschaulich wird dies vor allem bei ihren Mantelobjekten, die häufig aus der eigenen Familie stammen und über Generationen weitervererbt wurden und denen noch deutlich etwas von den Personen anhaftet, die sie einst umhüllten. Ihre künstlerischen Eingriffe machen diese faszinierend sinnliche Anwesenheit des Abwesenden für den Betrachter sichtbar. Für Timm Ulrichs erfüllt das Objekt hingegen die Funktion eines Beleges, den er für die Veranschaulichung seiner Sprach- und Gedankenexperimente einsetzt. Gleichwohl trifft sich dessen schonungslose Thematisierung des Memento mori mit dem morbiden Charme von Möbus‘ Gegenstandsästhetik. Die Ausstellung … aus einem Lager lässt Möbus‘ und Ulrichs‘ Objekte in ein Zwiegespräch treten, das den Blick für die Eigenheiten dieser beiden Künstler schärft, deren Werke, so unterschiedlich sie auch sein mögen, im Kern stets den Menschen umkreisen.

Heike Baare