Ausgewählte Werke

ALTE KUNST: IRAN _ AMLASH

Schnabelkanne

Schnabelkanne, Inv.-Nr. 110.006.0013
© Stiftung DKM | Photo: SDKM

Nord-Iran, 1250 – 800 v.u.Z.
Oranger, gebrannter Ton mit rötlichem Überzug
35,2 x 13,8 x 17,2 (5,0) cm LBH (Ø Öffnung), L (Schnabel) 21,5 cm
Inv.- Nr. 110.006.0013
Intakt, Oberfläche stark versintert


Schnabelkannen wurden bereits im 2. Jahrtausend v.u.Z. im Nordwesten des heutigen Iran hergestellt. Zu Beginn der Eisenzeit bildeten sie dann insbesondere im iranischen Hochland mit den Fundorten Tepe Sialk in Luristan und Marlik im Gilan eine eigene charakteristische Gefäßgruppe, die nur selten außerhalb dieser Herstellungszentren gefunden wurde. Ursprünglich wurde dieser Gefäßtyp aus Kupfer, seltener aus Silber oder Gold gefertigt, als kostengünstigere Variante aber häufig in Ton umgesetzt.

Die formale Assoziation zum Vogel ist durch den langen „vogelartigen“ Schnabel stets gegeben, kann aber durch verschiedene Zusätze oder Umgestaltungen noch verstärkt werden[1]. Die vor liegende Kanne besitzt einen gedrungenen, kugeligen Bauch und steht auf drei konischen Beinen. Ein relativ enger und niederer Trichterhals mit ausschwingender Mündung dient zum Eingießen der Flüssigkeit. Den Ausguss bildet eine lange Schnabeltülle, die etwa in der vorderen Hälfte offen, d.h. schnabelförmig, gestaltet ist. An der Stelle, wo die Tülle in den Schnabel übergeht, ist ein zur Mündung hin dornartiger, gebogener Aufsatz angesetzt, auf den wiederum fünf knopfartige Auflagen mit Tonschlicker aufgesetzt wurden. Die Andeutung eines Maules lässt an einen Schlangenkopf denken. Er diente als Griff zum besseren Halten des gefüllten und damit schweren Gefäßes. Ein axial zum Ausguss angesetzter Henkel auf der gegenüberliegenden Schulter bildet das Gegenstück.

Auch Schnabelkannen dienten zur rituellen Spende von Flüssigkeiten. Der lange Schnabel und die mit ihm verbundene zusätzliche Haltevorrichtung ermöglichte eine präzise Führung und Dosierung der Flüssigkeit, wie es beim Opfern im Tempel oder am Grab nötig war.

Anrdé Wiese, 2011

[1] vgl. Stiftung DKM, Iran Amlash, Duisburg 2011, Kat.-Nr. 7.

Literatur

E.O. Negahban, Marlik. The Complete Excavation Report, The University Museum Mono graph 87, 2 vols. Philadelphia PA 1996, 232 ff. no. 572 ff. plates 109 f. W. Seipel (ed.), 7000 Jahre persische Kunst. Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran, exhibition catalogue Basel, Vienna 2003, 160 ff. no. 87. T. S. Kawami, Ancient Iranian Ceramics from the Arthur M. Sackler Collections, New York 1992, 109 no. 36, 218 f. no. 122 f., 223 no. 148. Vom Euphrat zum Nil. Kunst aus dem alten Ägypten und Vorderasien, Gesellschaft der Freunde eines Schweizerischen Orient-Museums, exhibition catalogue Kartause Ittingen, Zurich 1985, 82 – 85 no. 43f. Stiftung DKM, Iran Amlash, Duisburg 2011, 32 – 33, Kat. Nr. 6.