Iran _ Amlash
Nord-Iran, wohl Gilan, 1000 – 800 v.u.Z.
Oranger, gebrannter Ton
26,8 x 7,2 x 23,4 (3,2) cm LBH (Ø Öffnung)

Intakt, Oberfläche mit hellbeigem Ton verschmutzt.

Eines der vornehmsten und prestigeträchtigsten, jagdbaren Tiere war seit jeher der Hirsch, der natürlich auch in den Bergregionen des Zagros oder des Elburz heimisch war. Er wurde nicht nur gejagt, sondern auch gezüchtet und bildete damit eine Lebensgrundlage der frühen Bergkulturen im Iran (z.B. Luristan, Gilan) und den im Norden bis hin zum Kaukasus angrenzenden Kulturen. So erstaunt es nicht, dass neben dem Buckelrind auch der Hirsch formgebend war für Spendegefäße und wie jenes äußerst zahlreich vorkommt. Ob sich hinter dem Hirsch auch eine Naturgottheit verbirgt, der man regenerative, wiederbelebende Kräfte zuschrieb, wie z.B. in Anatolien, muss mangels schriftlicher Quellen offenbleiben.
Dargestellt ist ein Sechsender, dessen hohler Körper nicht in der Art der „Amlash“-Tiergefäße stilisiert ist, denn sein Körper ist in etwa zylindrisch geformt. Der Hals des Hirsches ist weit vorgestreckt und auch die Beine sind relativ lang. Hufe und ein kleiner Schwanz sind angedeutet. Auf dem Rücken ist eine sich konisch erweiternde Eingussöffnung aufgesetzt. Der Kopf des Tieres ist zu einer Ausgusstülle umgearbeitet. Das vorliegende Hirsch-Rhyton muss also aus den oben genannten stilistischen Gründen aus einer anderen Kulturlandschaft als dem Gilan stammen. In Frage kommen Luristan oder auch das ganze Gebiet des heutigen Aserbaidschan zwischen Iran und dem Kaukasus wie beispielsweise Lenkoran, ein Fundort, der an der Grenze zum Nord-Iran liegt.

André Wiese, 2011

Literatur
Avant les Scythes. Préhistoire de l’art en U.R.S.S., exhibition catalogue Paris, Paris 1979, 212 no. 242f. Further E.O. Negahban, Marlik. The Complete Excavation Report, The University Museum Monograph 87, 2 vols., Philadelphia PA 1996, 120 – 122 nos. 100–103 plate 39. Paradeisos. Frühe Tierbilder aus Persien aus der Sammlung Elisabeth und Peter Suter-Dürsteler, exhibition catalogue Basel, Basel 1992, 60f. no. 14. J. Gabus – R.-L. Junod, Amlash Art, Bern 1967, plate XIII. Stiftung DKM, Iran _ Amlash, Duisburg 2011, 28 – 29, Kat.-Nr. 9.